Fristlose Kündigung und ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses bei Zahlungsverzug

Fristlose Kündigung und hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses bei Zahlungsverzug: Wirksam ?


Neuigkeiten aus der Welt der Räumungsklage wegen fehlender Mietzahlungen

Das Landgericht Berlin hat im Oktober 2017 (Az: 66 S 90/17) die Diskussion um die Frage des Verhältnisses von fristloser zu ordentlicher Kündigung wegen Zahlungsverzuges neu befeuert.
Mit einer ebenso originellen wie rechtlich interessanten Positionierung stellt es sich gegen die herrschende Rechtsprechung, wonach bei Zahlungsverzugs des Mieters das Mietverhältnis in jedem Fall endet, wenn der Vermieter eine außerordentliche fristlose Kündigung und hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausspricht.

Der Fall

Der Mieter hatte zwei Monatsmieten nicht bezahlt. Daraufhin hat der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos gekündigt, vorsorglich und hilfsweise wegen erheblicher schuldhafter Verletzung der vertraglichen Verpflichtung auch ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Nach Zugang der Kündigung hat der Mieter kurzfristig die Mietrückstände nachbezahlt.
Der Vermieter hielt an der Kündigung fest und erhob Räumungsklage.

Das Problem

Unbestreitbar ist die außerordentliche Kündigung weggefallen.
Gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB kann der Mieter eine bereits ausgesprochene außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs dann wirkungslos machen, wenn er kurzfristig, aber noch bis zu Beginn des Gerichtsverfahrens auf Räumung die rückständigen Mieten nachbezahlt. Dann fällt die außerordentliche Kündigung weg und entfaltet keine Wirkung mehr.

Die umstrittene Frage lautet: Was ist in diesem Fall mit einer gleichzeitig ausgesprochenen ordentlichen Kündigung?

Hierzu gab es unterschiedliche Auffassungen: So argumentierte ein Teil der Rechtsprechung damit, dass die ordentliche Kündigung gleichfalls aufgrund der Heilungszahlung wegfallen müsste. Denn wenn die Zahlung nach Kündigungsausspruch sogar eine fristlose Kündigung zum Wegfall bringt, müsse diese Heilungswirkung der Zahlung erst recht für das geringere Übel, nämlich eine ordentliche Kündigung, gelten.

Diese Auffassung hat der Bundesgerichtshof mit einer Entscheidung vom 23.02.2016 ausdrücklich abgelehnt. Die Berufung auf die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei nicht rechtsmissbräuchlich, sodass diese trotz der Heilungszahlung wirksam ist. Eine Anwendung der Regelungen zur Schonfrist auf die ordentliche Kündigung sei nicht möglich.

Ergebnis

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hindert daher die Schonfristzahlung die ordentliche Kündigung nicht (vgl. BGH; VIII ZR 321/14)
Lediglich wenn im Einzelfall aus Treu und Glauben Anhaltspunkte dafür herzuleiten sind, dass der Pflichtverstoß, der in der Nichtzahlung des Mieters zu sehen ist, noch nicht für den Kündigungsausspruch selbst ausreicht, fällt die ordentliche Kündigung weg.

Gegen diese Auffassung des Bundesgerichtshofs formiert sich Widerstand. So wird bereits diskutiert, ob die Politik nicht eine Abänderung des Gesetzes insoweit vornimmt, als dass die Wirkung der Schonfristzahlung, also der Wegfall der Kündigung, ausdrücklich auch für die ordentliche Kündigung gilt.

In diese Situation grätscht nunmehr das Landgericht Berlin hinein mit seiner Auffassung, dass die hilfsweise ausgesprochene Kündigung im Falle der Heilungszahlung gar keine Wirksamkeit entfalte. Denn die ordentliche Kündigung würde ja nicht bei Ausspruch wirksam (denn zu diesem Zeitpunkt ist der Vertrag schon wegen der fristlosen Kündigung beendet). Damit sei aber die Wirkung der ordentlichen Kündigung quasi verpufft.

Da es keine bedingten Erklärungen gibt, kann die Kündigung auch nicht auf einen etwaigen späteren Zeitpunkt hinausgeschoben werden, zu dem der Vertrag aufgrund der Heilungswirkung der Schonfristzahlung wieder gültig werde.
Daher beendige die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung in einer solchen Konstellation den Mietvertag auf keinen Fall.

Ausblick

Mit dieser Auffassung stellt sich das Landgericht Berlin gegen die Tendenz der sonstigen Rechtsprechung.
Es ist aber etwas zu bezweifeln, dass der Bundesgerichtshof sich von der bisherigen „harten Linie“ abbringen lassen wird. Revision dieser Entscheidung ist zugelassen.

Bis zu einer endgültigen Klärung dieser Frage empfiehlt sich daher die Frage an den Mietrechtspezialisten, ob hier gestuft vorgegangen werden soll. Je nachdem, welche Zielrichtung die Kündigung verfolgt, wäre dann seitens des Vermieters mit unterschiedlichen Strategien vorzugehen.

Für weitere Rückfragen und Detaildiskussion stehen Ihnen RA Peter Ewald und RA Ulrich Scherer gerne zur Verfügung.